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nulla poena sine lege

Scheinbar ist vielen dieses Prinzip nicht bekannt. Dabei ist es eines der Säulen der Rechtsstaatlichkeit. Art. 7 EMRK garantiert dieses Prinzip: Keine Strafe ohne Gesetz. Es besagt, dass niemand wegen einer Handlung oder Unterlassung verurteilt werden darf, die zur Zeit ihrer Begehung nach innerstaatlichem oder internationalem Recht nicht strafbar war. Da es sich nach dem EGMR-Urteil vom 17.12.2009 auch bei der Sicherungsverwahrung um eine Strafe i.S. von Art. 7 I EMRK handelt, stellt eine Verlängerung der Sicherungsverwahrung eine zusätzliche Strafe dar, die nachträglich auferlegt worden war. In dem beschiedenen Fall wurde der Beschwerdeführer noch nach altem Recht verurteilt, wonach eine Höchstdauer von 10 Jahren bei einer erstmalig angeordneten Sicherungsverwahrung galt. Im Jahre 1998 wurde diese Höchstgrenze gestrichen und § 67 d III StGB war nunmehr auch für die vor der Neuregelung angeordneten Fälle anzuwenden. Nach dem Grundgesetz gilt das absolute Rückwirkungsverbot für Strafen gem. Art. 103 II GG, jedoch ist dies auf Maßregeln der Besserung und Sicherung, wie die Sicherungsverwahrung nicht anwendbar. Dies hatte zur Folge, dass selbst Straftäter, die bei ihrer Verurteilung mit einem sicheren Ende nach höchstens 10 Jahren rechnen konnten, nunmehr unter Beweis setzen mussten, dass von ihnen tatsächlich keine Gefahr mehr ausgeht. Da dies jedoch schwer zu erfüllen ist, handelt es sich um eine der härtesten Maßnahmen, die nach dem StGB angewendet werden können.
Wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte nunmehr richtig feststellte lag folglich ein Verstoß gegen Art. 7 EMRK vor.
Nunmehr geht ein Aufschrei durch die Medien „Es ist exakt der Fall, den alle gefürchtet haben: Weil der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) die deutsche Praxis der nachträglichen Sicherungsverwahrung untersagt und den Einspruch dagegen am letzten Dienstag zurückgewiesen hat, dürfen zahlreiche Täter jetzt auf Freiheit hoffen. Als einer der ersten profitierte davon Walter H., der nach einem entsprechenden Beschluss des Bundesgerichtshofs am Mittwoch aus der JVA Saarbrücken entlassen wurde.“ Die Unrichtigkeit dieser Entscheidung wird gerügt und die Angst vor potentiellen Verbrechern geschürt. Die Freilassung eines Kindsmörders, dessen Sicherungsverwahrung aufgrund dieser Entscheidung nicht mehr weiter aufrechterhalten werden konnte, mag zwar beängstigend sein. Aber, die Menschen sollten bedenken, dass die betroffene Person ihre Strafe erhielt und diese auch absaß, von einem Profitieren kann daher eigentlich keine Rede sein. Insbesondere sollte bedacht werden, dass die Umgehung des Rückwirkungsverbotes wesentlich beängstigender ist, denn wo bleibt dann die Rechtssicherheit, wenn jemand, der einmal verurteilt wurde, auf absehbare Zeit, mit einer Gesetzesänderung vielleicht für immer weggesperrt werden kann. Für die Zukunft Europas ist es zu wünschen, dass es nicht mehr zu einem solchen Fall mit dem dunklen Beigeschmack diktatorischer Zeiten kommt

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